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Fünf Fragen an Jürgen Greß

Jürgen Greß ist Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Zollern-Alb. 

1. Frage:  Herr Greß, Sie sind seit 26 Jahren Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Zollern-Alb und betreuen ca. 900 Mitgliedsunternehmen. In vielen Regionen in Baden-Württemberg haben die Handwerksbetriebe große Schwierigkeiten, qualifizierte Mitarbeiter zu finden. Wie sieht die Situation im Konversionsraum Alb aus?

Selbstverständlich suchen auch in unserer Region viele Handwerksbetriebe, oftmals verzweifelt, nach qualifizierten Mitarbeitern. Dieser Facharbeitermangel setzt mittlerweile die Grenzen des Wachstums. Gerade im Bereich Hechingen nahe der B 27 und den Bereichen nahe an der A 81 von Haigerloch bis Rosenfeld verlieren wir Facharbeiter in Richtung Industrie. Im Konversionsraum ist die Situation leicht besser, da gerade im ländlichen Raum der Stellenwert des Handwerks immer noch höher ist. 

2. Frage:  Wie empfinden Sie die Arbeitsplatzkonkurrenz mit der Industrie? Führt die Fachkräftesituation bereits zu einem Wettbewerb um Mitarbeiter oder gibt es nur wenige Berührungspunkte? 

Klar stehen wir im Wettbewerb mit der Industrie, den Kommunen und mittlerweile auch der Bundeswehr um qualifizierte Mitarbeiter und Auszubildende. Man muss sich nur am Samstag den Stellenmarkt anschauen um zu sehen, wer alles außerhalb des Handwerks Handwerker für seinen Betrieb, Bauhof oder Stadtwerke sucht. Dies zeigt, dass mit einer Ausbildung im Handwerk einem alle Türen offen stehen, aber verstärkt natürlich auch den Facharbeitermangel in unseren Betrieben. Hier setzen wir Zeichen, wie z.B. mit dem Tarifabschluss von 5,7 % im Bau. 

3. Frage: Und wie entwickeln sich die Ausbildungszahlen? Im Internet und den sozialen Medien laufen seit Jahren professionelle Kampagnen, die junge Menschen ansprechen. Handwerk ist nicht alt  – oder doch? 

Die Ausbildungszahlen sind auch bei uns leicht rückläufig, wobei die Durchschnittszahlen hier täuschen. So haben wir wenig Probleme z.B. bei den Zimmerern oder KFZ-Mechatronikern. Dramatisch ist es teilweise bei den Bäckern und Fleischern. Das Handwerk fährt seit etlichen Jahren die Kampagne „Das Handwerk, die Wirtschaftsmacht von nebenan", bei der wir auf allen Kanälen versuchen, die Jugendlichen vom Handwerk zu überzeugen. Das Handwerk ist eben nicht alt, sondern mit einer Ausbildung im Handwerk hat man hervorragende Zukunftsaussichten. Bei aller Digitalisierung, irgendjemand muss am Schluss der Planung das geplante auch umsetzen.  

4. Frage: Wenn es nicht alt ist, wie digital ist denn das Handwerk? Gibt es bei uns schon die Dachdecker, die mit Drohnen das Dach abfliegen und nach Schäden suchen? Oder kennen Sie andere Beispiele?

Selbstverständlich wird auch das Handwerk digital oder ist es bereits. Nur wir digitalisieren nicht der Digitalisierung wegen, sondern dort, wo es Sinn macht. Klar haben wir digitale Zeiterfassung, digitale Bautagebücher oder unsere Zimmerer seit Jahren digitale Abbundzentren und vieles mehr. Wir schulen hier ständig und sind sicher weiter, als mancher denkt.

5. Frage: Abschließend eine Frage aus Kundensicht. Glauben Sie den Befürchtungen, dass man in ein paar Jahren lange Wartezeiten für Handwerkerarbeit in Kauf nehmen muss? 

Ja, klar! Schon heute müssen sie auf einen guten Handwerker oftmals warten, da einfach zu viele Aufträge auf zu wenig Mitarbeiter kommen. Dies wird sich sicher in den nächsten Jahren noch verstärken, gerade wenn Sie einen unserer Innungsbetriebe wollen, die bekannt sind für ihre gute Qualität.

Vielen Dank für Ihre Antworten und weiterhin viel Erfolg!