Bildungsprojekt bringt SchülerInnen und Unternehmen der Region zusammen

Das Regionalmanagement des Konversionsraums Alb entwickelte das Projekt BUS (Bildungnetz – Unternehmen – Schule), um die Bildungskooperation und Zusammenarbeit zwischen Schulen und Unternehmen zu fördern. Die SchülerInnen arbeiten zusammen mit Unternehmen als Kooperationspartnern an realen berufsbezogenen Fragestellungen. Das Projekt ermöglicht es, Lebenswirklichkeit in die Schule zu bringen und einen Einblick in die Anforderungen der Arbeitswelt zu erhalten. Davon profitieren alle: die Jugendlichen, aber auch die Schulen, die so die nichtakademischen Laufbahnen unterstützen. Und natürlich die Unternehmen und das Handwerk vor Ort, die geeignete Bewerber finden können. Des Weiteren kann die Zahl der Ausbildungsabbrüche reduziert werden. Im Schuljahr 2018/2019 startete das Pilotprojekt an der Burgschule Meßstetten und wird dort auch im kommenden Schuljahr fortgesetzt.

An der Burgschule Meßstetten waren für das Pilotprojekt vier Einzelprojekte mit SchülerInnen der Klasse 8 geplant. Als Projektpartner konnte das Regionalmanagement die Meßstetter Unternehmen Sanetta, Interstuhl, Holzbau Schlude und die Metallwerkstatt Weissmann gewinnen. 

Bei BUS lernen die SchülerInnen nicht nur die Unternehmen vor Ort mit ihren möglichen Ausbildungswegen kennen, sie profitieren auch durch praktische Erfahrungen. Die berufliche Orientierung und fachliche Kompetenzentwicklung der SchülerInnen wird gefördert. Auch die sozialen Kompetenzen werden durch das Kennenlernen und Erleben des Berufsalltags und des Verhaltens der Kollegen/Chefs in den Unternehmen gefördert. Durch die Arbeitswelt wird den SchülerInnen außerdem gezeigt, dass sie das in der Schule Gelernte (Technik/ Alltagskultur, Ernährung, Soziales) tatsächlich auch außerhalb des Unterrichts anwenden können. „Die Schüler lernen die Betriebe kennen, verlassen zum ersten Mal den gewohnten Raum ‚Schule’, um sich mit ihrer Zukunft aktiv auseinanderzusetzen. Diese Eindrücke, welche die Kinder dabei bekommen, sei es durch die Mitarbeiter, Räume, Produkte, Maschinen, Gerüche, Geräusche oder andere Informationen sind elementar an der Berufswahl beteiligt. Sie alle helfen mit, dass sich jedes Kind noch intensiver mit dem eigenen Berufswunsch beschäftigt. Das darauf folgende Praktikum bietet die ideale Ergänzung,“ erklärt Thomas Henes, Techniklehrer an der Burgschule Meßstetten. Für die Burgschule stellt das Bildungsnetz einen Baustein für ihr Berufsorientierungskonzept dar. 

Zwischen Februar und Mai 2019 fanden Betriebsbesichtigungen für die gesamte Klasse 8 bei allen teilnehmenden Firmen statt. Anschließend starteten die verschiedenen Projekte im Rahmen des Unterrichts. 

Die AES-Klassen (Alltagskultur, Ernährung, Soziales) besuchten das Unternehmen Sanetta Gebr. Ammann jeweils einen ganzen Tag. An diesem von Auszubildenden durchgeführten Projekttag lernten die SchülerInnen in Theorieteilen Vorwissen von der Baumwolle bis hin zum Marketing kennen. Unterbrochen wurde die Theorie von Praxiseinheiten, in welcher die SchülerInnen selbst gefordert waren.

Eine weitere Projektgruppe baut im Technikunterricht einen Handystuhl. Angeleitet wurden sie dazu von Azubis und dem technischen Ausbildungsleiter der Firma Interstuhl Büromöbel, die den SchülerInnen auch Fragen zur Ausbildung beantworteten.

Die Jugendlichen waren beeindruckt von den neuen Erfahrungen und schildern ihre Eindrücke:

Annika, Klasse 8: „Der Ausstellungsraum bei Interstuhl ist so groß, dass wir alle Kopfhörer bekommen haben und er erinnerte mich etwas an den Besuch beim Daimler-Benz-Museum. Mir war nicht bewusst, wieviel Arbeitsschritte und Ideen in einem Stuhl stecken. Ein Stuhl von Interstuhl ist sogar in einem James Bond-Film zu sehen, andere erkennen die Stühle bei Sky im Fußballtalk. Ich könnte mir sehr gut eine Ausbildung bei Interstuhl vorstellen.“

Thomas, Klasse 8: „Bei Holzbau Schulde in Heinstetten werden ganze Häuser, Dachstühle, Treppen und Möbel aus Holz hergestellt. Herr Schlude hat uns verschiedene Arten von Holz gezeigt und erklärt was man daraus herstellen kann. Wir haben viele verschiedene Maschinen und Fahrzeuge gesehen und riesige Baumstämme, aus denen die unterschiedlichsten Teile hergestellt werden. Ich fand es richtig gut, weil der Zimmermann ein Beruf mit Abwechslung ist. Herr Schlude hat auch gesagt, dass man natürlich bei jedem Wetter draußen arbeiten muss, und einem das nichts ausmachen darf. Man muss sich halt entsprechend anziehen.“

Nick, Klasse 8: „Die Mitarbeiter bei der Metallwerkstatt Weissmann“ bauen aus Metall Treppen, Geländer, Überdachungen oder fertigen sämtliche Gegenstände nach Kundenwünschen an. Wir konnten sehen, mit welchen Maschinen die einzelnen Bauteile hergestellt und zusammengebaut werden. Man lernt mit verschiedenen Maschinen zu arbeiten. Ich finde den Beruf sehr abwechslungsreich. 

Matea, Klasse 8: Bei Sanetta konnten wir einen ganzen Tag miterleben, wie Kleidung für Kinder hergestellt wird. Wir bekamen Einblick in fast alle Abteilungen wie z. B. Einkauf, Versand, Outlet und Lager. Wir durften sogar einen echten Auftrag im Computersystem eingeben. Im Lager konnten wir riesige Stoffballen sehen und wir bekamen die verschieden Stoffarten und ihren Einsatz erklärt. Das war sehr interessant und wir konnten auch mitarbeiten. Jeder von uns durfte eine eigene Tasche nähen. Mir hat es gut gefallen und ich fand den Tag sehr interessant.

 

Interview mit

Kerstin Perchthaler, Ausbildungsleiterin bei Sanetta Gebr. Ammann,       
Ruven Rexrodt, Technischer Ausbildungsleiter bei Interstuhl Büromöbel,            
Ramona Klühspies, Lehrerin an der Burgschule Meßstetten
sowie beteiligten Auszubildenden und Schüler.

Der Fachkräftemangel in ländlichen Regionen wird immer mehr zum Problem. Wie kann man Anreize für Jugendliche schaffen, in der Region zu bleiben?

Perchthaler: Wir laden Schüler direkt in unser Unternehmen ein und treten mit Schülern in den Schulen in Kontakt, um ihnen nahe zu bringen, welche Chancen in ihrem direkten Umfeld liegen. Wir zeigen ihnen, was wir herstellen, welche Ausbildungsmöglichkeiten wir anbieten und wie die Ausbildung bei uns abläuft. In einem Praktikum können sie die Eindrücke weiter vertiefen. So können sie sich davon überzeugen, dass das Gute oft so nah liegt. Wir bieten den Jugendlichen eine individuelle und intensive Betreuung. Dies ist den Jugendlichen beim Start in die Berufswelt wichtig. Eine Ausbildung in der direkten Region bietet viele Vorteile. Es bleibt wenig Zeit und Geld auf der Strecke. Zur Berufsschule oder Dualen Hochschule ist es nicht weit. Man bleibt im sozialen Umfeld: Familie, Freunde, Vereine. Man ist nicht fremd, Bekannte arbeiten im Betrieb.

Rexrodt: Einer der größten Anreize, Jugendliche in der Region zu halten, ist eine fundierte Ausbildung bei gutem Betriebsklima, um Fachwissen und Erfahrungen zu sammeln. Des Weiteren müssen Weiterbildungsmöglichkeiten seitens des Unternehmens dem Auszubildenden angeboten werden. Natürlich ist auch eine gute Entlohnung ein maßgeblicher Aspekt, sowie eine unentgeltliche Freizeitgestaltung (Radsport, Fitness-Studio,…).

Welche Schwierigkeiten gibt es bei der Suche nach der passenden Ausbildungsstelle?

Klühspies: Viele SchülerInnen sind mit der Wahl der Ausbildungsstelle ohne Hilfe des Elternhauses überfordert und wählen dann eine weiterführende Schule. Diese Entscheidung ist im Laufe der Zeit eher eine Warteschleife als ein Wissenszuwachs. Die vielen Bewerber auf die Ausbildungsstellen im ländlichen Raum erlauben außerdem ein Aussortieren nach Noten und Schulabschluss. 

Ann-Kathrin Haile, 17 Jahre, Azubi zur Industriekauffrau, 1. Ausb.jahr: Schon alleine den richtigen Beruf zu finden ist eine sehr schwierige Entscheidung. Sowieso in den jungen Jahren, in denen man selber nicht richtig weiß, was einem gefällt oder Spaß machen könnte. Außerdem war für mich auch noch eine Schwierigkeit, zu schauen, dass ich nur Betriebe wähle, welche ich mit dem Bus erreichen kann. Dies gilt auch für die Berufsschule. Eine weitere Schwierigkeit ist es, einen Betrieb zu finden, welcher großen Wert auf eine gute Ausbildung legt. In dem man viel gezeigt und gelernt bekommt und die Möglichkeit hat eine gute Ausbildung zu genießen.

Rebekka Nell, 21 Jahre alt, duale Studentin BWL-Industrie, 2. Ausb.jahr: Als Schulabgänger ist man oft erst einmal überfordert mit der Masse an verschiedenen Berufen und Möglichkeiten, die man nach dem Abschluss hat. Die große Schwierigkeit hierbei war es Informationen zu finden, die einem tatsächlich weiterhelfen. Hierbei war es die beste Möglichkeit über Praktika oder die Erfahrungen von Bekannten, nähere Einblicke in die entsprechenden Berufe zu bekommen und persönliche Erfahrungsberichte zu hören. Die Ausbildungsmessen, bei denen man persönlich mit den Betrieben in Kontakt treten kann und die Möglichkeit hat, all seine Frage zu stellen, sind oft falsch platziert (meist zu früh/ oder einfach schon zu spät für die Bewerbungsphase). Für viele ist möglicherweise auch die Distanz zwischen Ausbildungsbetrieb und Wohnort eine Schwierigkeit die es zu überwinden gilt.

Welche Vorteile bietet das BUS-Projekt für beide Seiten?

Rexrodt: Der Vorteil des BUS-Projekts für die Schülerinnen und Schüler liegt darin, dass sie die Firmen in ihrer Umgebung und deren Produkte bzw. die Materialien, die die Firmen verarbeiten, kennenlernen und sie sich mit diesen auseinander setzen können. Dadurch wollen wir das Interesse der Schülerinnen und Schüler wecken, und hoffen auf die eine oder andere Bewerbung auf einen Ausbildungsplatz in unserem Unternehmen. Der Vorteil, den wir als Unternehmen aus diesem Projekt gewinnen, ist, dass wir unser Unternehmen und unsere Arbeit in den Schulen vorstellen und wir uns gleichzeitig ein Bild über die einzelnen Schülerinnen und Schüler machen können. Des Weiteren bieten wir den technisch interessierten Schülerinnen und Schülern eine moderne und zukunftsorientierte Ausbildung als Grundlage für ihren weiteren, beruflichen Werdegang.

Klühspies: Betrieb und Schüler lernen sich schon in einer Phase des Erwachsenwerdens kennen. Beide Seiten haben die Möglichkeit sich gegenseitig bei Interesse aufeinander einzustellen und miteinander zu wachsen, erste Kontakte zu knüpfen und erste Bausteine ich eine Richtung zu setzten. Beim Schüler kann hierdurch natürlich die schulische Motivation steigen, wenn dieser weiß, was auf ihn nach dem Bestehen der Abschlussprüfung wartet. Der Betrieb kennt seinen künftigen Azubi schon, weiß um seine Persönlichkeit, seine Stärken und Interessen. Das gibt beiden Seiten Planungssicherheit für die Zukunft. Wir freuen uns als Schule über jedes Kind, das in ein aktives Berufsleben wechselt und seinen Weg geht.

Was war das beste am Projekt?

Klühspies: Beachtlich ist die Bereitschaft der Firmen, die sich Zeit für die Schüler nehmen um ihnen die unterschiedlichsten Berufe zu zeigen. Gerade bei den kleineren Firmen ist es sicherlich eine größere Herausforderung, bei der momentan herrschenden guten Auftragslage noch zusätzlich Zeit in die Berufsbildung zu investieren. Dafür sind wir als Schule sehr dankbar und sehen den Gewinn für die Schüler bei der Entscheidungsfindung für ihren Berufswunsch, als auch bei den Betrieben, die dadurch ihren künftigen Azubi an diesen Beruf heranführen können.

Thomas, Klasse 8: Beeindruckend finde ich, dass man am Schluss seiner Arbeit sieht, was man mit seinen eigenen Händen gemacht hat und dass man mit so vielen Maschinen und Werkzeugen arbeitet.

 

Bei Interesse an einer Zusammenarbeit und bei Fragen nehmen Sie bitte Kontakt mit uns auf:
Regionalmanagement 
Konversionsraum Alb,
Judith Mootz, Tel. +49 7431 6349-43, E-Mail: judith.mootz(at)kr-alb.de.